Leserbrief ungekürzte Fassung zu
Landsberger Tagblatt
Virtuelles Gedenken an das Ende des Holocaust, 28.4.2021
Link zum Online-Artikel:
Paradigmenwechsel digital
Auf die Authentischen Orte konzentrieren…
Der Schritt der Stadt Landsberg in die digitale Welt zur Neueren Zeitgeschichte ist am 27. April erfolgt. Einerseits mit der virtuellen Gedenkveranstaltung und durch die Präsentation der neuen Webseite „landsberg-kaufering-erinnern.de“. Mit dieser ist auch die Emanzipation von Museen als konstruierten Orten der Geschichtsvermittlung verbunden.
Virtuell und digital wird auch die geplante Abteilung zum Nationalsozialismus im Stadtmuseum sein. Sie kann auch nur eine Widerspiegelung der Orte und Ereignisse abbilden, wie die Webseite. Das Stadtmuseum ist kein Ereignisort des Nationalsozialismus, so wie die Erinnerungsorte Lager VII, die Bunker in der Welfenkaserne und die Gebäude im Frauenwald.
Es gibt viele Themen, die einer Darstellung in einem geschützten Ort, wie in einem Stadtmuseum bedürfen. Artefakte der Frühgeschichte, Kunstwerke oder die einmalige Kachelsammlung Mittermayer. Wenn man voraussichtlich um die acht bis zehn Millionen für Sanierung und Ausstellungen einsetzen muss, dann muss man nach der Verhältnismäßigkeit fragen. Die Kosten der neuen Webseite, mit rund 90.000 € zeigen, wie weit man digital damit kommen kann.
Demgegenüber stehen die Erinnerungsorte als Orte der Wahrheit. Diese bedürfen dringend einer Ausstattung, weil man dort die Begegnung mit dem Unfassbaren verinnerlichen und selbstbestimmt erleben kann. Das kann keine Medientechnik und Visualisierung ersetzen, die dem Entwurf für das Stadtmuseum nach als „inszenierte Betroffenheit“ verstanden werden kann. Warum sollte sich jemand deswegen auf den Weg in ein dezentral gelegenes Gebäude begeben? VR und Augmented Reality bieten dazu neue Erkundungsmöglichkeiten.
Einige Stadträte haben diesen Paradigmenwechsel in der Museumskultur wahrgenommen. Die Stadt wird nicht umhinkommen, noch genauer abzuwägen, wenn man über die Millionenbeträge für das Neue Stadtmuseum entscheiden muss. Mit der neuen Webseite ist für die Darstellung der Neueren Zeitgeschichte eine städtische Plattform installiert, und damit keine besondere Dringlichkeit und Notwendigkeit für Tafel und Videos im Stadtmuseum gegeben.
Jetzt kann man sich auf die authentischen Orte konzentrieren, sie vor dem Verfall zu schützen und allen zugänglich zu machen. Das steht seit fünf Jahren in der „Machbarkeitsstudie für einen Dokumentationsort zum ehemaligen KZ-Außenlagerkomplex Landsberg/Kaufering“. Das Stadtmuseum wird darin nur als Ort vom temporären Wechselausstellung zu diesen Themen genannt. Diesen qualifizierten Empfehlungen sollte man vertrauensvoll weiter folgen.
Wolfgang Hauck
Landsberg am Lech, 29.4.2021
info@wolfgangHauck.de
WEITERFÜHRENDE LINKS UND REFERENZEN
- 2016 Machbarkeitsstudie für einen Dokumentationsort zum ehemaligen KZ-Außenlagerkomplex Landsberg/Kaufering: PDF-Dokument
- Artikel zu Machbarkeitsstudie, Landsberger Tagblatt: Die KZ-Gedenkorte rund um Landsberg sind noch in der Warteschleife, 6. Oktober 2019: Link
- Webseite „landsberg-kaufering-erinnern.de“ Link
- Landsberger Tagblatt: Virtuelles Gedenken an das Ende des Holocaust, 28.4.2021: Link zum Online-Artikel
- Leserbrief Wolfgang Hauck, Landsberger Tagblatt, 8. Mai 2021, gekürzte Version der Veröffentlichung: PDF-Dokument Leserbrief