Kreatives aus Karton

Am 16. November 2016 jährt sich der Todestag von Dominikus Zimmermann zum 250. Mal. Das nimmt die Stadt Landsberg am Lech zum Anlass, ganzjährig an diesen bedeutenden Bürger und Künstler der Stadt zu erinnern. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Rokokobaumeister. Dominikus Zimmermanns Hauptwerk, die Wieskirche, zählt zum UNESCO-Welterbe.

Im Dominikus-Zimmermann-Jahr finden zahlreiche Veranstaltungen zum Leben und Wirken des berühmten Architekten statt. Der Landsberger Kulturverein «dieKunstBauStelle e.V.» ist mit einem ganz besonderen soziokulturellen Projekt dabei: „ARCHITECTUS LUCIS“ ist der Name – und der ist Programm: Unter dem Motto „Wir folgen dem Schaffen von Dominikus Zimmermann“ sind im Oktober Kinder, Jugendliche und Erwachsene eingeladen, gemeinsam ein richtiges Bauwerk zu errichten. Dabei soll ein Raum im Stil der Lichtarchitektur des Dominikus Zimmermann konstruiert werden.

Die Besonderheit dabei: das Material. Im Stil des „Cardboard Design“ soll aus Kartonagen ein Lichtraum erschaffen werden und mit entsprechenden Cardboard-Techniken Architektur und Lichtführung nachgebaut und inszeniert werden. Die beiden Niederländer Mathijs Stegink und Astrid van der Velde, internationale Experten des „Cardboard Design“, werden dabei die „Baumaßnahmen“ leiten.

Experten des Cardboard-Design aus den Niederlanden zu Gast in Landsberg

Die zwei Experten waren erst kürzlich, am 3. August, zu Besuch in Landsberg am Lech, um mit Projektinitiator Wolfgang Hauck Details zum Projekt zu besprechen und sich die Stadt anzuschauen, in der demnächst ein Cardboard-Großprojekt stattfinden soll. Anlässlich ihres Besuches wurde auch ein Pressetermin anberaumt, bei dem sie der lokalen Presse für Fragen zur Verfügung standen und über ihre Arbeit und die Cardboard-Szene mit Hilfe von vielen Bildbeispielen berichteten.

Es wurde schnell klar: Das sogenannte Cardboard-Design ist eine Szene für sich, mit einem großen, internationalen Publikum und weltweiten Festivals. Diese Szene vertritt eine ganz eigene Philosophie: Dinge werden nicht für die Ewigkeit gebaucht, sondern für den Moment. Das Material, nämlich Karton, soll dem „Baumeister“ die Scheu nehmen, etwas auszuprobieren. Er kann damit machen, was er will: modellieren, kleben, bearbeiten, verbinden. „Wenn etwas falsch ist oder nicht gut aussieht, schneidet er das Teil einfach weg und nimmt sich ein neues Stück Karton“, sagt Mathijs Stegink. „So muss er keine Angst davor haben, etwas zu erschaffen und kommt leichter heraus aus seiner Komfortzone, um etwas zu wagen. Auf diese Weise kann er offen, mutig und kreativ etwas Großes entstehen lassen.“

Hochwertige Objekte aus Karton

Mit relativ geringem finanziellen Aufwand– Karton kostet in der Regel nicht allzu viel oder es werden sogar bereits genutzte Kartonteile verwendet – können dabei qualitativ hochwertige Werke entstehen. „So hochwertig, dass man am Ende sogar ein Auto darauf stellen könnte“, sagt Stegink. Die beiden Experten erzählen von ganzen Wäldern oder Städten, Robotern, Autos oder sogar Schiffen aus Karton. Auf Festivals werden regelrechte Cardboard-Battles – z. B. Auto- oder Bootsrennen, Roboterkämpfe – ausgetragen.

Wichtig dabei: Die abschließende Zerstörung des Gebauten. Das klingt zunächst mal brutal. „Es ist jedoch ein sehr bedeutender Bestandteil des Ganzen“, meint Astrid van der Velde. „Andernfalls orientiert man sich vielleicht an etwas Vorhandenem und will unbedingt, dass ein Objekt genauso aussehen soll wie eines, das es schon gibt.“ Nein, man solle die Kunstwerke einfach in Erinnerung behalten und daraus dann neue Ideen entwickeln.

Werden und Vergehen

„Das Konzept von ARCHITECTUS LUCIS finden wir großartig, daher waren wir sofort bereit, daran mitzuwirken,“, betonen die beiden, die Wolfgang Hauck während eines gemeinsamen Projektes in Nordirland kennengelernt haben. „Cardboard-Design in Verbindung mit einer barocken Thematik, nämlich Werden und Vergehen, so auszuprobieren, dass jeder auch mitmachen kann. Aber wir sind offen und überlegen gerade, auch bewegliche Objekte für eine Parade als Abschluss des Projekts zu bauen.“

Damit wird Landsberg zu einem ganz besonderen Ort – auch für die Cardboard-Szene. Denn ein historisches Thema der Architektur in einer solchen Dimension gab es noch nicht.

ARCHITECTUS LUCIS wird durch das gemeinsame Ausprobieren, Erschaffen und Erleben und durch die Möglichkeit des Mitwirkens und Mitmachens zu etwas ganz Besonderem. Man ist nicht nur Konsument, sondern wird hier selbst zum Architekten, zum Konstrukteur. „Wir haben zwar schon einige Ideen, wo es hingehen soll – letztendlich hängt es jedoch ganz von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ab, was dabei herauskommt“, betont Hauck. Spaß und Spannung sind dabei mit circa 40 erwarteten Teilnehmern garantiert.

„Wir sind sehr glücklich, dieses Projekt dabei zu haben, weil es nicht nur ein passives, sondern ein interaktives Konzept ist“, betont Patricia Eckstein vom Kulturbüro Landsberg. „Sehr viele Leute arbeiten dabei zusammen, erschaffen gemeinsam etwas, und jeder kann ein Teil des Projektes sein.“

Gefördert wird das Projekt vom Kulturfonds Bayern, dem Europäischen Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Stadt Landsberg am Lech und dem Bezirk Oberbayern.

Bei Interesse, hier mitzuwirken, bitte eine E-Mail an info@dieKunstBauStelle.de.

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